Stadion Strelnice, 2.863 Zuschauer
Einen vormittäglichen Spielausfall verkrafte ich jedenfalls auch leichter, wenn noch ein weiterer angesetzter Kick am Nachmittag vor der Brust liegt. Noch dazu ging es dabei um die – nach nun doch etlichen Jahren der Reisen – Komplettierung der ersten tschechischen Liga (drei Vereine mehrmals wegen neuer oder umgebauter Stadien). Zum Glück hält in diesem Land aber auch das Unterhaus noch einige vielversprechende Grounds auf Lager.
Jablonec liegt in Nordböhmen, am Dreiländereck mit Deutschland/Polen und rund 13 Kilometer von Liberec entfernt. Mit diesem ist die Stadt per Überland-Straßenbahn verbunden. Interessant ist dabei, dass Jablonec bereits vor Liberec ein eigenständiges Bim-Netz hatte und dann erst mit der Nachbarstadt verbunden wurde. Mittlerweile ist bis auf die Anbindung allerdings der gesamte Linienverkehr stillgelegt, während in Liberec wiederum ein eigenes Straßenbahnnetz aufgebaut wurde.
Wirtschaftlich war und ist hier die Glasindustrie dominant, vor allem auch die Herstellung von Glasperlen. Rund 11.000 Menschen sind in der gesamten Region in dieser Industriebranche beschäftigt (Jablonec hat rund 46.000 Einwohner). Historisch liegt die Stadt im Siedlungsgebiet der Sudetendeutschen (1930 rund 80% Deutschsprachige). Die nach dem Zweiten Weltkrieg Vertriebenen gründeten unter dem deutschen Namen „Neugablonz“ Gemeinden in Österreich (bei Enns) und Bayern (Kaufbeuren).










FK Jablonec geht auf den 1945 gegründeten Fußballverein CSK zurück und spielte lange Zeit in den unteren Ligen des Landes. Erst 1963 gelang der Aufstieg in die Zweitklassigkeit, 1970 erreichte der Klub erstmals das tschechische Pokalfinale, unterlag dort allerdings TJ Gottwaldov. 1974 verbrachte man dann tatsächlich auch eine Saison in der ersten Liga – diese war dann allerdings bis 1994 auch gleich wieder die letzte. Seitdem zählt der Verein allerdings zum Dauerinventar der höchsten Spielklasse Tschechiens. Gespielt wird im Stadion, dessen Ort seit dem 19. Jahrhundert zuerst von Sportschützen genutzt wurde und dann auch dem Fußball zur Verfügung stand. Bis auf eine kurze Phase der Verschandelung durch Sponsoren bezieht es sich im Namen (Strelnice=Schießstand) bis heute darauf.
Rund 50 Prozent der Kapazität sind heute ausgelastet, auch wenn es sich doch weniger anfühlt. Dies könnte unter anderem daran liegen, dass die heimischen Fans leider eine eher enttäuschende Performance abliefern. Glücklicherweise heißt der Gegner allerdings Banik Ostrava, dessen Anhänger:innen mir bereits in den letzten Jahren ob ihrer Stimmgewalt positiv aufgefallen sind. Auch heute sind sie durchaus zahlreich erschienen und besetzen neben dem Auswärtssektor auch weite Strecken der kleineren Gegengeraden. Umso schlechter das Spiel für ihre Mannschaft läuft, umso heißblütiger werden sie auf den Rängen. In Hälfte zwei schließt sich sogar ein Großteil des Auswärtsblocks der „Sektion Oberkörper frei“ an – bei Temperaturen rund um den Gefrierpunkt doch durchaus beachtlich.





















