SV Babelsberg – FC Rot-Weiß Erfurt 0:2

Karl-Liebknecht-Stadion, 3.093 Zuschauer

Der Frühling kommt, aber immer erst so um den Anpfiff herum. Ein weiteres Mal kämpfe ich mich daher durch die morgendlichen Nebelsuppen samt noch immer winterlicher Kälte. Diesmal schon vor den Toren Berlins.

Babelsberg ist der größte Stadtteil von Potsdam und vor allem für seine Filmindustrie bekannt, die bereits auf die Weimarer Republik zurückgeht. Aufgrund der langen – vor allem von böhmischen Webern geprägten – Einwanderungsgeschichte hieß sie bis 1939 auch Nowawes (auf die tschechischen Wörter „Nova ves“/Neues Dorf zurückgehend). Den jetzigen Namen erhielt sie vom slawischen „Buberow“ (Dem Ort, wo es Biber gibt).

Das Stadtbild prägen auch heute noch alte, einstöckige Weberhäuser, die sich entlang weitläufiger Alleen auffädeln. Im Stadtgebiet befindet sich zudem auch der weitläufige Park Babelsberg, in dem unter anderem die Siegessäule für den preußischen Sieg über die Habsburger 1866 in Königgrätz errichtet wurde.

Der SV Babelsberg wurde 1903 als Sport-Club Jugendkraft gegründet, in der DDR-Zeit firmierte er unter BSG Motor. Über besonders große Erfolge lässt sich in dieser Phase der Vereinsgeschichte aber nichts berichten, in der ewigen DDR-Tabelle steht man unter 199 Mannschaften dennoch auf Platz 23.

Nach der Wende gelang dem Klub vorerst ein Höhenflug, der bis in die zweite Bundesliga führte, duch einen Konkurs 2003 dann aber jäh gestoppt wurde. Die seitdem eingeleitete Neustrukturierung ließ den Verein zwischenzeitlich sogar wieder einige Saisonen in der dritten Liga verbringen, seit 2013 spielt Babelsberg aber durchgängig in der viertklassigen Regionalliga Nordost.

Wesentlich größere Strahlkraft hat der SV Babelsberg hingegen durch seine Heimspielstätte und seine Fanszene: Das nach dem sozialistischen Abgeordneten Karl Liebknecht, der 1919 gemeinsam mit Rosa Luxemburg von rechten Freikorps unter SPD-Duldung erschossen wurde, benannte Stadion verfügt über abknickbare Flutlichtmasten. Dies wurde nötig, um die Sichtachsen aus dem benachbarten Park nicht zu stören und somit den UNESCO-Status nicht zu gefährden.

Die stark links geprägte Kurve wiederum zeichnet sich durch ihr soziales Engagement und dezidiert antirassistische sowie antisexistische Arbeit aus, die auch im Verein selbst Widerklang findet. Im Jahr 2014 wurde zum Beispiel als eigene Sparte die Mannschaft Welcome United 03 gegründet, deren Spieler sich ausschließlich aus Flüchtlingen zusammensetzt und mittlerweile sogar in den unterklassigen Ligabetrieb eingegliedert wurde.

Der frühe Sonntagnachmittag wird nicht so sehr von der Vorstellung auf dem Rasen geprägt, sondern eher von jener hinter der Gästetribüne. Aus irgendeinem nicht ersichtlichen Grund lässt die Polizei die organisierte Erfurter Szene fast die gesamte erste Halbzeit das Stadion nicht betreten. Es kommt hörbar zu einigen Auseinandersetzungen, auch die Hundestaffel wird zum Einsatz gebracht. Zwischenzeitlich zeigen sich auch die Heimfans solidarisch und stellen den Support ein.

Als der Gästebereich auch endlich besser gefüllt ist, lässt sich der Unterschied in der Stimmung sofort erkennen – nur ist da der Pausenpfiff nur mehr kurz entfernt. Die zweite Halbzeit geht dann extrem lau weiter, es deutet eigentlich alles auf eine torlose Hängepartie hin. Ein Geniestreich in Form eines Fallrückziehers bringt Rot-Weiß aber doch noch den Führungstreffer, wenig später fällt mit dem zweiten Tor auch noch die Entscheidung.

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